PIMP DEIN‘ RADWEG N°2 – Obere Rheinstraße

Pimp dein Radweg Titel

Obere Rheinstraße

Strecke Kennedyplatz bis Luisenplatz

Darmstadt fährt Rad setzt sich ein für ein flächendeckendes Radwegesystem, welches vorwiegend baulich errichtet wird. Aktuelle Studien und die Erfahrungen in Dänemark und den Niederlanden zeigen, dass nur durch eine bauliche Trennung vom motorisierten Individualverkehr sich die Menschen zum Radfahren bewegen lassen, weil sie sich sicher fühlen.

Die Streckenabschnitte dürfen jedoch niemals isoliert von einem gesamten funktionierenden Netzwerk betrachtet werden. Die Stadt darf sich nicht nur auf ein Lückenschließen beschränken. Es muss sich vielmehr ein Gesamtkonzept (Systemplanung) entwickelt werden, welches die Menschen zum Fahrradfahren einlädt. Anhand dieses Konzeptes müssen die Einzelmaßnahmen entwickelt werden.

Darmstadt fährt Rad will im Rahmen von Pimp Your Radweg dennoch anhand von Beispielen zeigen, wie typische vorhandene Missstände im Radwegenetz beseitigt werden und Einzelsituationen verbessert werden könnten.

Pimp your Radweg N°1 hat sich mit der Ost-West Erschließung durch die Innenstadt über den Cityring beschäftigt. Dabei wurde die, für die Stadt Darmstadt typische Radführung über Rad- und Schutzstreifen untersucht und Verbesserungsmaßnahmen entwickelt.

Eine bislang völlig ungelöste Strecke für Radfahrer verläuft jedoch in West-Ost-Richtung. Die Rheinstraße lässt sich vom Westen bis zum Steubenplatz auf baulichen, wenn auch maroden Radwegen (im Mischverkehr mit Fußgängern) einigermaßen passabel befahren. Am Steubenplatz wird die/der Radfahrende auf die Straße geführt.

Eingezwängt zwischen Autos über die Furt des verkehrsreichen Kennedyplatzes verläuft der ca. 1,2m breite Radweg wieder auf den Bordstein. Ein nicht eindeutiger Streckenabschnitt zwischen Ladenzeilen, desorientierten Fußgängern und Längsparkständen. Auf dem Radweg parkende Autos und Schilderwälder behindern den Radfahrenden bis zur viel zu engen Schneise neben der Tunneleinfahrt. Die Strecke geht daraufhin in Schrittgeschwindigkeit über die Fußgängerzone des Luisenplatzes zwischen Bussen, Straßenbahnen, deren Schienen, umsteigenden und den Platz querenden Fußgängern.

Als Ende der 70er Jahre im Zuge des Baus des Luisencenters der motorisierte Individualverkehr vom Luisenplatz verbannt wurde und die Fußgängerzone eingerichtet wurde, gab es noch nicht das Fahrrad als Massenfortbewegungsmittel.

Der Luisenplatz versucht sich seit den 70er Jahren erfolgslos am Spagat, ein Platz zum Verweilen und gleichzeitig Hauptverkehrsknotenpunkt zu sein. Das Design des Luisenplatzes, der auch seitdem noch als zentraler Verkehrsknotenpunkt vor allem für den ÖPNV dient, genügt nicht mehr den heutigen Bedürfnissen der veränderten Stadtmobilität. Der Radverkehr ist in dem heutigen städtebaulichen Konzept des Platzes nicht vorgesehen.

Ob und wie der Luisenplatz wieder vorwiegend zu einem städtischen Platz mit Aufenthaltsqualitäten werden und gleichzeitig als Verkehrsknotenpunkt dienen kann, das untersucht gerade die Technische Universität im Rahmen einer Semesterentwurfs.


+++++++++++++++++UPDATE 29-11-2017++++++++++++++++++

Die Ergebnisse der Semesterarbeit der TU gibts hier.


Warum bei einer solchen Umgestaltung der Radverkehr als Komponente auf dem Luisenplatz zu berücksichtigen ist und warum gerade der Luisenplatz die wichtigste, vielleicht auch einzige Achse für die West-Ost Querung für den Radverkehr ist, sieht man in der folgenden Grafik:

Alle Alternativrouten zur Route über den Luisenplatz verlaufen früher oder später im Sand. Adelung- und Elisabethenstraße laufen in die Fußgängerzone. Spätestens am Cityring (Holzstraße) ist dann Schluss. Die Sandstraße südlich des Staatstheaters läuft ebenfalls zum Cityring (Nieder-Ramstädter-Str.). Eine direkte Verbindung zwischen Rheinstraße und Landgraf-Georg-Straße bieten diese Alternativen sowieso nicht.

In der Hoffnung, dass die Arbeiten der Studenten über den TU-Entwurf Ideen bringen, wie der Luisenplatz umgestaltet werden kann, konzentriert sich Pimp your Radweg N°2 auf den Streckenabschnitt der Rheinstraße zwischen Kennedyplatz und Luisenplatz.

Man könnte die Situation auf der Rheinstraße entspannen indem man die eineinhalb Spuren des östlich fahrenden motorisierten Individualverkehrs zu einer Spur reduziert, da dort ohnehin keine zwei PKW nebeneinander fahren können. Man könnte vom Hochbord des ÖPNV noch einen Meter wegnehmen, die Längsparker in Richtung Norden verschieben und hätte für Fußgänger und Radfahrer auf der Südseite wunderbar viel Platz, so dass sie sich nicht in die Quere kommen. Und auch aufgehende Autotüren und Falschparker wären dann kein Problem mehr. Jedoch spätestens wegen der Einfahrt auf den Luisenplatz kommt man mit dieser Lösung auch nicht weiter.

Die Einfahrt von der Rheinstraße auf den Luisenplatz ist in den 70er Jahren durch die beiden Tunnelrampen nahezu komplett zugestellt worden. Nach der Grafenstraße misst die Furt zwischen Tunneleinfahrt und Ladenzeile gerade einmal 3,5m. Der Schilderwald, Stromkästen und Werbeaufsteller müssen noch abgezogen werden. Das ist viel zu wenig, um die hohe Anzahl von Fußgängern und Radfahrern konfliktfrei im Mischverkehr zu führen. Gegenüber, unter den Arkaden stellt sich die Situation ähnlich dar. Hier stehen beiden Verkehrsmitteln ca.3m zur Verfügung. Der Platz zwischen den beiden Rampen ist dem ÖPNV vorbehalten (ca. 7m).

Die zentrale Idee einer Alternative ist die Stilllegung der Tiefgaragenausfahrt am Luisenplatz. Diese Ausfahrt wird ohnehin von einer geringen Anzahl an PKW genutzt. Tiefgaragennutzer können im Citytunnel ausfahren. Generell gibt es auf der nördlichen Spur der Rheinstraße keinen Durchgangsverkehr. Zu den Tiefgaragenausfahrern kommt noch etwas Anliegerverkehr dazu. Die Spur könnte in eine Radfahrstraße umgestaltet werden mit Radverkehr in beiden Richtungen. Anliegerverkehr könnte in eine Richtung zugelassen werden. Vereinzelte Längsparkstände und vor allem Lieferzonen und Baumpflanzungen wären möglich. Durch einen geeigneten Pflasterbelag könnte eine verkehrsberuhigte Zone hervorgehoben werden. Anlieger und Lieferverkehr müssten beispielsweise über kleine Rampen auf die Fahrradstraße einfahren. Der Radverkehr könnte in Ostrichtung über die rückgebaute Rampe auf den Luisenplatz geführt und dort in einer vernünftigen Art weitergeleitet werden.

Am Kennedyplatz ist natürlich noch eine Umleitung der Radfahrer von der südlichen Rheinstraße auf die nördliche anzulegen. Mit entsprechenden Furten und Ampelschaltungen speziell für Radfahrer wäre dies möglich.

Beides sind Themen für sich. Wie clever die Niederländer selbst die kompliziertesten Kreuzungen gestalten, hat der Blog Bicycle Dutch zusammengetragen. Für diejenigen, die noch nie in den Niederlanden waren hat der Niederländer Bas Bergervoet einen Film von Bicycle Dutch zum Thema Kreuzungsdesign ins Deutsche übersetzt. Man achte auf die kleinen schlauen Details (Verschwenkungen, Aufstellflächen, Rampen für die Geschwindigkeitsreduzierung), die in den Niederlanden einen natürlichen Verkehrsfluss unterstützen.

Durch diese Maßnahme entspannt sich die Situation für Fußgänger auf der Südseite der Rheinstraße. Die Fußgänger hätten nach einer Reduzierung der KFZ Spurbreite und Verschiebung der Längsparkstände einen „Boulevard“ von ca. 4m. Die Quasierweiterung der Fußgängerzone könnte durch eine Baumreihe ergänzt werden. Der Einzelhandel würde profitieren. Nicht umsonst hatten die Läden hier in der Vergangenheit ein eher kurzes Leben.

An der Problemstelle Rheinstraße kommen wir nicht um eine entsprechende Investition herum. Im Hinblick auf eine dringend notwendige zukünftige Umgestaltung des Luisenplatzes wäre es jedoch eine vorbereitende Maßnahme hin zur Steigerung der Aufenthaltsqualitäten unserer Straßen.

Wie könnte es auf dem Luisenplatz weitergehen: Die geregelte Befahrung des Luisenplatzes mit Fahrrädern bedarf einer generellen Umgestaltung des Luisenplatzes, eines Zonierens durch Stadtmöbel, unterschiedliche Ebenen, zusätzliche Grünflächen. So können innerhalb der vielen Verkehrsströme streßfreiere Rückzugsorte entstehen. Die vorgeschlagene, markierte Radfahrfurt verläuft auf der verkehrsarmen Nordseite des Luisenplatzes.

Was haltet Ihr von den Ideen in Pimp your Radweg N°2? Kritik, Anregungen und eigene Ideen für Pimp your Radweg gerne in die Kommentare oder Email.

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