Verkehrsversuch Rheinstraße-Teil 1
Heiner testet
Zu: Verkehrsversuch mittlere Rheinstraße – Teil 2, Modifizierung, OFFENER BRIEF
Verkehrsversuch mittlere Rheinstraße – Teil 3
Heiner hat vor kurzem gelesen, dass für die mittlere, südliche Rheinstraße (von der Neckarstraße bis zum Lui) durch einen Versuchsaufbau getestet werden soll, wie die Führung der einzelnen Verkehrsteilnehmer verbessert werden kann. Heiner fand das gut.
Heiner fährt Auto
Heiner fährt Auto und fand immer schon, dass die 1 ½ Spuren, die dem Kfz-Verkehr nach der Kreuzung Rhein-/Neckarstr. zur Verfügung stehen, nur Verwirrung stiften. Sie führen dazu, dass auf den zwei Geradeaus-Spuren vor dem schwarzen Hochhaus regelmäßig durch ein Kurzstreckenrennen ausgetragen wird, das entscheidet, welche/r Fahrer/In zuerst die mittlere Rheinstraße erreicht.
Heiner fährt Rad
Heiner fährt Rad. Er weiß wie sich das für Radfahrende anfühlt, die direkt neben diesem Rennen die andere Straßenseite erreichen müssen. Heiner erlaubt seiner 11 jährigen Tochter daher nicht, an dieser Stelle über die Kreuzung zu fahren. Heiner weiß auch wie es ist, auf der völlig unauffälligen Führung zwischen Hindernissen und Fußgängern auf dem Bordsteinradweg zu fahren.
Heiner läuft
Heiner läuft auch. Daher weiß er auch, wie gefährlich und unangenehm die Strecke dort für Fußgänger ist und wie schnell es passiert, dass er vor die Radfahrer läuft, weil er den Radweg nicht wahrnimmt.
Heiner hat sich gefreut, dass nun alles besser wird. Seit dem 30.03.2018 steht der Versuchsaufbau. In mühevollster Kleinstarbeit wurden in vier Tagen gelbe Striche und Kunststoffleitschwellen auf die Fahrbahn geklebt und der Verkehr neu geordnet.
Heiner war da und hat Fotos mitgebracht. (Danke ADFC-Darmstadt-Dieburg)
Was hat sich geändert?
…für den Kfz-Verkehr
Von Westen kommend ab dem schwarzen Hochhaus entfällt nun vor der Kreuzung eine Geradeaus-Spur. Die Fahrt über die Kreuzung ist nun entspannter. Zwei Linksabbiegerspuren und eine Rechtsabbiegerspur (rechts der Radfahrfurt) gibt es weiterhin. Weiter vorne vor der Grafenstraße wird die Fahrbahn durch Leitschwellen (s. Fotos) so verengt, dass es nur noch eine Geradeausspur und eine ganze Rechtsabbiegerspur gibt.
Damit der Geradeaus-Verkehr schon vorher auf eine Spur gelenkt wird, so die Stadt Darmstadt, hat man sich entschlossen, schon an der Kreuzung Rheinstr./Hindenburgstraße eine Geradeaus-Spur zu entfernen. Aus der rechten Spur wird eine reine Rechtsabbiege-Spur.
Heiner ist verwirrt. Viele der Autos, die sich nun bis zur Berliner Allee zurückstauen, fahren doch an der Rhein-/Neckarstraße nach links in die Kasinostraße. Aus welchem Grund müssen sie also schon vorher mit den Geradausfahrenden in der Schlange stehen?
…für die Radfahrenden
Heiner fühlt sich immer sehr wohl auf dem Rad auf der südlichen Rheinstraße bis zur Albert-Schweizer–Anlage. Die klackernden losen Gehwegplatten findet er irgendwie unterhaltsam. Die Stelle vor dem Gewerkschaftshaus, an der er auf die Fahrbahn geführt wird, während direkt neben ihm LKW und PKW ihre Einfädelarbeiten beginnen, fand er immer recht beängstigend. Jetzt hat er sich erhofft, dass ab dieser Stelle eine geschütztere Lösung entsteht, an der er auch seine Tochter ruhigen Gewissens fahren lassen kann. Stattdessen findet er seit Donnerstag folgenden Schildbürgersteich vor:
Statt den Radverkehr vor der Kreuzung Rhein-/Neckarstraße insoweit zu entlasten, dass die Radfurt nur von einer Seite von Kfz-Verkehr tangiert wird, wurde der abgesperrte Bereich zwischen den links abbiegenden Kfz und der verbleibenden Geradausspur errichtet. Leitschwellen, die Radfahrende schützen könnten, wurden lediglich zwischen Kfz Spuren montiert.
Radfahrende werden nun von der bestehenden Radfurt über die Kreuzung geführt, und dort in Richtung Kfz-Verkehr geschwenkt, abmarkiert durch gelbe Strichlinien. Die große Überraschung beginnt auf der anderen Seite der Kreuzung. Heiner muss sich den Bordsteinradweg nun nicht mehr mit Fußgängern teilen. Denn dieser darf von Radfahrenden nun nicht mehr befahren werden. Stattdessen führt die Reise links der längs parkenden Kfz und rechts der verbleibenden Kfz Spur ungeschützt in den Mischverkehr. Ohne Markierung, ohne Leitschwellen. Heiner ist sprachlos. Soll seine Tochter jetzt zwischen LKW und aufgehenden Türen fahren?
So sieht das im Video aus (Danke Martin – Verkehrswende Darmstadt):
Verkehrsversuch Rheinstraße from Martin Huth on Vimeo.
Heiner hat schon einiges erlebt an Verkehrsplanung in Darmstadt. Aber dieses neue Konstrukt ist zu viel für seinen gesunden Menschenverstand. In Heiners Kopf schwirren böse Gedanken. Waren hier Unfähige am Werk? Oder ist am Ende gar gewollt, dass der Verkehrsversuch scheitert? Heiner will so nicht denken. Er wischt beiseite, nimmt sich Stift und Papier und fängt an zu skizzieren, wie es besser gehen könnte:
Heiner möchte, dass sich Radfahrende sicher fühlen und malt geschützte Radfahrstreifen auf das Papier. Die Radfahrstreifen versieht er mit einem Sicherheitstrennstreifen und Kunststoffpollern. In beiden Varianten berücksichtigt Heiner den bestehenden Bordstein. Da wird nichts aufgerissen und gebaut. Nur markiert und Poller aufgestellt.
Heiner zeichnet eine Variante ohne parkende Autos. Immerhin haben zunächst mal alle sich bewegenden Verkehrsteilnehmer ein Recht auf Fläche. Wenn dann noch was übrig bleibt, können auch Parkstände erstellt werden. In den Querstraßen – Saalbaustraße und Grafenstraße können Ladeflächen für den Einzelhandel eingerichtet werden. So entsteht sogar eine Puffer-Fläche, die mit mobilen Pflanzungen und Sitzmöbeln aufgewertet werden kann und so die Fußgängerfläche noch weiter schützt.
Variante 1 – Pufferzonen
Variante 2 – Ladezonen
Um auf besondere Bedürfnisse von Läden einzugehen wäre eine andere Möglichkeit, einzelne Ladeflächen in die Rheinstraße zu integrieren. Auch das ist möglich. Einzelne Verengungen des geschützten Radfahrstreifens wären hinnehmbar. Entstehende Flächen können hier auch für Fahrradabstellplätze oder mobile Pflanztröge genutzt werden.
Nur wenn Radfahrende sich sicher fühlen, bleibt der Gehweg auch frei für Fußgänger. Der exklusiv für Fußgänger entstehende Platz, wird nur so erst wirklich aufgewertet. Dann erst können die Flächen den Fußgängern, Einzelhandel und Gastronomie zurückgegeben werden. Zum Bummeln vor Schaufenstern, für Auslagen oder zum Aufstellen von Tischen und Stühlen. Abstellflächen für Räder vor Geschäften erhöhen den Umsatz bei Spontaneinkäufen. Die Läden werden besser gesehen.
Und Radfahrende sind auf eigenen Flächen ebenso sicherer unterwegs, nicht nur weil die Flächen nicht durch Kurzparker missbraucht werden können.
Heiner ist erleichtert. Hier kann er auch seine Tochter fahren lassen.
Der fließende Kfz-Verkehr hat schließlich den Vorteil, dass auf der Fahrbahn selbst nicht mit Radfahren zu rechnen ist.
Während Heiner noch skizziert, hofft er inständig, dass die Stadt Darmstadt die gefährliche Situation sofort beseitigt und den Verkehrsversuch dahingehend ändert, dass er auf Erfolg ausgerichtet ist.
Verkehrsversuch mittlere Rheinstraße – Teil 2, Modifizierung, OFFENER BRIEF
Die Variante 2 wäre auch schön und gut für andere Verkehrsbereiche in DA. Z.B. Dieburger Straße. Ich habe mich schon lange gefragt, warum diese Reihenfolge (Fußgänger/ Radfahrer/ parkende Autos / fließender Verkehr) nicht generell so genutzt wird. Dass allerdings Tische/ Stühle in der Rheinstraße aufgestellt werden, ist völlig absurd. Wer will an einer so stark befahrenen Straße sitzen und gemütlich einen Kaffee trinken?
An der Gaststätte „Die Theke“ gibt es z.B. Außengastronomie in der Rheinstraße. Abends werden die Tische von der Wand ausgeklappt. Bisher sind dann die Fußgänger in den Radweg ausgewichen. Den gibt es jetzt nicht mehr.
In anderen Großstädten sitzen die Menschen oft an so stark befahrenen Straßen. Ob das Laune macht, kommt ganz auf das Setting an. Wenn ich eine geschützte Zone zur Verfügung habe und der Verkehr beruhigt ist, ist das nicht abwegig. Die „Gastromeile“ Landgraf-Georg-Str. hätte aufgrund ihrer Breite bei einer entsprechenden Gehwegbreite auch eine ganz andere Qualität. Was glaubst Du, ist der Grund, warum dort immer alle Läden schließen?
Weil der Autofahrer kaum noch in Darmstadt einkaufen geht. Sie fahren lieber nach Aschaffenburg, Mainz, Frankfurt, Bad homburg usw. Last doch die Innenstadt pleite gehen.
Shopping streik der autofahrer….
Hallo TSC. Ich nehme an, es geht um Parkplätze? Darmstadts Parkhäuser sind bei weitem nicht ausgelastet. Dass keiner in DA einkaufen will, hängt auch damit zusammen, dass die Aufenthaltsqualität in den Straßen (für Fußgänger) nicht attraktiv ist, weil überall gefahren und geparkt werden darf. (Bsp. oberer Rheinstraße, Landgraf-Georg-Str., Grafenstr, …) In einem fahrradorientierten Stadtgefüge, kommt man schneller zum shoppen, man sieht die Läden besser, Radfahrende kaufen im Schnitt mehr…. Eine Umgestaltung der Stadt hin zu einer fahrradfreundlichen, weg von der autofreundlichen bringt automatisch städtebauliche Überlegungen zu mehr Lebensqualität für Einkaufende in den Straßen. Denn auch Autofahrende sind beim Einkaufen Fußgänger und wollen als solche ernst genommen und respektiert werden. Nicht vergessen!!!